Peyton Stearns  vs Naomi Osaka –  WTA Master 1000 Internazionali BNL d’Italia

Viele Gründe zum feiern auf der roten Asche von Rom: US-Spielerin Peyton Stearns steht im Halbfinale des WTA 1000er-Turniers. Bild: IMAGO / LaPresse

US-Profi Peyton Stearns in Rom: Durchbruch inklusive WTA-Rekord

Peyton Stearns ist die Spielerin der Stunde auf der WTA-Tour. Beim Turnier in Rom ist ihr etwas bislang Einzigartiges gelungen.

Das Match war eigentlich gelaufen. Am späten Dienstagabend in Rom hatte die US-Amerikanerin Peyton Stearns im Viertelfinale gegen Elina Svitolina die große Chance ihren ohnehin schon bemerkenswerten Lauf in der ewigen Stadt noch weiter zu verlängern. 6:2, 4:2 führte die 23-Jährige und hatte sogar die Chance im zweiten Satz auf 5:2 zu erhöhen – doch dann kippte die Partie plötzlich.

Peyton Stearns: Mit drei Tiebreak-Siegen ins Halbfinale von Rom

Svitolina, die zwölf ihrer 13 letzten Sandplatzmatches gewonnen hatte (inkl. Turniersieg in Rouen und Halbfinale in Madrid), machte sieben Spiele in Folge und ging mit 3:0 im Entscheidungssatz in Führung. Alle Vorteile lagen nun bei der erfahrenen Ukrainerin, die sich in den letzten Wochen wieder in die Top 20 gespielt hatte. Doch die Partie nahm tatsächlich ihre nächste Wendung: Stearns wurde wieder aggressiver, drehte vor allem bei der Vorhand auf und holte sich um kurz vor 1.00 Uhr in der Nacht nach 2:48 Stunden Spielzeit den Sieg im Tiebreak des dritten Satzes (6:2, 5:7, 7:6).

Genau das war ihr auch schon vorher zweimal gelungen: erst gegen Madison Keys (2:6, 6:2, 7:6), dann gegen Naomi Osaka (6:4, 3:6, 7:6). Drei Siege im finalen Tiebreak hintereinander – eine derartige Siegesserie gab es bislang noch nie auf der WTA-Tour. Als „Escape artist“, dem eine historische Bestmarke („History made“) gelang, wird sie nun auf der WTA-Website bezeichnet. Stearns, 42. der Damen-Weltrangliste, trifft nun am Donnerstagnachmittag im Halbfinale  auf die Lokalmatadorin Jasmine Paolini (live bei Sky ab 15.00 Uhr).

Dass Stearns ausgerechnet in Rom ihren Durchbruch auf der WTA-Tour feiert und zum ersten Mal in einem Halbfinale auf 1000er-Level steht, mutet auf dem ersten Blick überraschend an. Die Amerikanerin stammt aus Cincinnati und wuchs auf Hartplätzen auf. Rote Sandplätze waren ihr lange Zeit fremd. Als Mädchen spielte sie manchmal auf in den USA geläufigeren grünen Sandplätzen, aber diese hasste sie nach eigener Aussage. Sie würden ihre grundsätzlich aggressive Spielweise nicht belohnen.

Peyton Stearns: Legende bei den „Texas Longhorns“

Auch als College-Spielerin war sie vor allem auf Hardcourts unterwegs. Stearns ging 2020 zur University of Texas nach Austin, um dort „Angewandte Bewegungslehre“ zu studieren. Sie wurde dort zu einer Tennis-Legende. Ihr Team, die „Texas Longhorns“, führte Stearns als Top-Spielerin zu zwei aufeinanderfolgenden Meisterschaften. Und als erste Absolventin der University of Texas holte sie auch den Einzeltitel bei den College-Meisterschaften. Im März 2022 verließ sie die Uni, um ihr Glück als Profi auf der Tour zu suche. Ihr großes Vorbild: Danielle Collins, die es als ehemalige Collegespielerin bis in die Weltspitze schaffte.

Erst auf der Profi-Tour lernte Stearns rote Ascheplätze kennen. Trotz aller Vorbehalte gegenüber den langsameren Sandplätzen arrangierte sie sich mit dem Belag. Sie lernte das richtige Rutschen und sie setzte fortan geschickt ihre durchaus giftige Topspin-Vorhand ein. Das Kuriose: Ausgerechnet auf roter Asche feierte sie ihre größten Erfolge. 2023 erreichte sie in Bogota ihr erstes WTA-Finale, das sie gegen Tatjana Maria verlor. 2024 holte sie ihren bislang einzigen WTA-Titel – im marokkanischen Rabat. Und nun das 1000er-Halbfinale in Rom.

Peyton Stearns: Trainersuche via Social Media

Dabei verlief die Saison 2025 für Stearns bisher eher durchwachsen. Im April stand sie dann plötzlich ohne Coach da, weil sich ihr bisheriger Trainer Tom Hill dafür entschied, wieder mit Maria Sakkari zusammenzuarbeiten. Kurzentschlossen nutzte sie ihre Social Media-Kanäle für einen ungewöhnlichen Aufruf: „Bin auf der Suche nach einem neuen Trainer … DMs sind offen!“ Mit DMs meinte sie „direct messages“, also Privatnachrichten. „Mit der Aktion hatte ich viel Spaß. Es waren einige Nachrichten dabei, die wirklich lustig waren“, berichtete sie später.

Ihren neuen Coach fand sie dann aber auf normalem Wege. Ein gemeinsamer Bekannte brachte sie in Kontakt mit Blaz Kavcic. Der Slowene, der es als Profi bis auf Platz 68 im ATP-Ranking schaffte, war auf der Suche nach einer neuen Tätigkeit, weil ihm sein bisheriger Spieler, Max Purcell, aufgrund einer 18-monatigen Dopingsperre abhandengekommen war. Stearns und Kavcic starteten mit ihrer Zusammenarbeit in Madrid, wo sie drei Matches gewann und erst im Achtelfinale an Aryna Sabalenka scheiterte.

„Er hat mir geholfen, einige Dinge in meinem Spiel zu verfeinern. Wenn man mehr Vertrauen in bestimmte Schläge bekommt, kann man viel mehr erreichen. Als ich nach Madrid kam, hatte ich in diesem Jahr noch nicht viele Siege errungen, aber durch ihn habe ich dieses Selbstvertrauen bekommen“, erklärte Stearns nun ihren wundersamen Tiebreak-Run in Rom.

Dass sie dabei hart im Nehmen ist, zeigte sie im Match gegen Naomi Osaka. Vor lauter Anstrengung musste sich Stearns Mitte des dritten Durchgangs übergeben. Sie schaffte es nicht bis zu einer Toilette, sondern nahm den nächstbesten Mülleimer am Platzrand. Ein großes Ding machte sie daraus nicht: Mund abwischen und weiter!

Ähnlich abgeklärt wird sie auch ins Halbfinale gegen Jasmine Paolini gehen. Auf die Anmerkung, dass sie in der Partie das gesamte Stadion gegen sich haben wird, sagte sie trocken: „Das bin ich vom Collegetennis gewohnt.“