Tennis Boss  Open  2025

Plötzlich ein Rasen-Spezialist: Justin Engel spielt in Stuttgart sein erstes Rasenturnier und hat auf Anhieb das Viertelfinale erreicht.Bild: IMAGO / Sven Simon

Im Viertelfinale von Stuttgart: Justin Engel auf den Spuren von Boris Becker

Justin Engel gilt als größtes Nachwuchstalent im deutschen Herrentennis. Nun hat er sein erstes ATP-Viertelfinale in Stuttgart erreicht – ausgerechnet auf Rasen.

Was für ein starker Auftritt von Justin Engel bei den Boss Open in Stuttgart. Der 17-Jährige bekam es im erst zweiten Rasen-Match seines Lebens mit Top 50-Spieler Alex Michelsen (ATP# 35) zu tun. Der US-Profi, auch erst 20 Jahre alt, verfügt über eine gewisse Rasenerfahrung. Er gewann 2022 den Doppeltitel von Wimbledon bei den Junioren. 2023 und 2024 stand er jeweils im Finale des US-Rasenturniers von Newport, das es inzwischen nicht mehr gibt. Doch Michelsen konnte von seinem Erfahrungsvorsprung nicht profitieren.

Es war Justin Engel, der das Geschehen auf dem Platz dominierte. Allein seine Aufschlagleistung war beeindruckend. Wenn sein erstes Service kam, machte der Nürnberger zu 100 Prozent den Punkt (31 von 31!). Im ganzen Match ließ er keinen Breakball zu und im zweiten Durchgang gelangen Michelsen genau zwei Punkte bei Aufschlag Engel. Insofern ging sein 6:4, 6:4-Sieg völlig in Ordnung.

Justin Engel: jüngster Viertelfinalist auf Rasen seit 40 Jahren

Engel steht somit in seinem ersten ATP-Viertelfinale – mit 17 Jahren! Er ist der erste Spieler des Jahrgangs 2007, der es unter die letzten Acht bei einem ATP-Turnier geschafft hat. Doch damit nicht genug: Engel ist nun jüngster Viertelfinalist der Stuttgarter Turniergeschichte und jüngster Viertelfinalist auf Rasen seit … exakt: Boris Becker 1985 in Wimbledon. Der damals ebenfalls 17-Jährige aus Leimen gewann am Ende den ersten seiner insgesamt drei Wimbledon-Titel.

Justin Engel auf eine Stufe mit der deutschen Tennislegende zu stellen, ist natürlich nicht zulässig. Aber diese Rasenparallele ist auf alle Fälle erwähnenswert. Zumal Engel erst am Dienstag das erste Mal überhaupt zu einem Rasenmatch angetreten war, das er gegen den Australier James Duckworth 6:4, 4:6 7:6 gewann. „Es ist ein mega Gefühl. Ich wollte einfach zeigen, was ich kann. Aber beim ersten Rasen-Turnier im Leben erwartet man nicht so viel. Dass es jetzt so läuft, ist unglaublich“, sagte Engel.

Beide Siege bringen den deutschen Teenager ein gutes Stück näher in Richtung Saisonziel 2025. „Seit Hamburg will ich jetzt die US-Open-Qualifikation erreichen. Ich hoffe, dass ich das schaffe“, sagte Engel. Dazu wird vermutlich ein Platz nahe der Top 200 der Weltrangliste nötig sein. Durch die beiden Stuttgart-Siege hat sich die aktuelle Nummer 281 der ATP-Weltrangliste bereits um knapp 50 Positionen verbessert und wird im Live-Ranking auf Rang 232 geführt.

Justin Engel mit 0:7 bei Challengern 2025

Was nach wie vor erstaunlich ist: Auf der Challenger-Tour gewann Engel 2025 bislang kein Hauptfeld-Match. Zuletzt scheiterte er in Heilbronn beim Neckar-Cup auf Sand am Argentinier Facundo Mena (ATP# 208). Insgesamt lautet seine Challenger-Bilanz 2025: 0 Siege, aber sieben Niederlagen.

Justin Engel

Nach der Pressekonferenz in Stuttgart: Justin Engel mit Freundin Elisabeth Brixel.Bild: IMAGO / Sven Simon

Im krassen Gegensatz dazu steht seine bisherige Ausbeute für 2025 auf der höherwertigen ATP-Tour: Engel kam jeweils durch Wildcards in die Hauptfelder der Turniere in München, Hamburg und aktuell Stuttgart. Seine Bilanz dort kann sich sehen lassen: 3 Siege (Struff, Duckworth, Michelsen) bei nur 2 Niederlagen (Maroszan, Rublev). Scheint so, als sei Engel ein Spieler für die großen Bühnen.

Diese wird er morgen im Viertelfinale von Stuttgart wieder bekommen, wenn er auf Felix Auger-Aliasimme (ATP# 29) treffen wird. Der Kanadier stand schon auf Platz 6 der Weltrangliste, zeigte in den letzten Monaten aber eher unkonstante Leistungen. Engel: „Großer Name, großer Spieler. Ich kann es kaum erwarten. Ich freue mich einfach, die Chance zu haben, gegen ihn zu spielen.“