Daniel Altmaier: „Hier zeige ich meine beste Version“
Daniel Altmaier spricht im Interview mit tennis MAGAZIN über seine Grand-Slam-Saison, seine Marathonmatches und seine inzwischen zehnjährige Profikarriere.
Vor Beginn der US Open standen nur zwei deutsche Spieler in den Top 100 im ATP-Ranking. Topstar Alexander Zverev als Nummer drei der Welt, und Daniel Altmaier, der vor dem Grand-Slam-Turnier in New York auf Platz 56 notiert war. Bei den US Open spielte sich Altmaier mal wieder bei einem Grand-Slam-Event in den Fokus und kehrte damit in die Top 50 zurück.
Der Kempener, der am 12. September 27 Jahre alt wird, baute seinen Ruf als erfolgreicher Marathonmann bei den Grand Slam weiter aus. Seine Fünfsatzbilanz steht mittlerweile bei 6:2. In der ersten Runde besiegte Altmaier den Serben Hamad Mejedovic nach 4:46 Stunden Spielzeit, es folgte ein weiterer Fünfsatzsieg in der zweiten Runde gegen Stefanos Tsitsipas – Spielzeit: 4:21 Stunden.
Daniel Altmaier stellt bei den French Open 2023 deutschen Rekord auf
Noch etwas länger dauerte es bei den French Open 2023. In der zweiten Runde rang Altmaier damals Jannik Sinner nach 5:26 Stunden und Abwehr von zwei Matchbällen nieder. Es war das längste Grand-Slam-Match, in dem ein deutscher Spieler involviert ist. Altmaier brach den Rekord von Hansjörg Schwaier, der in der zweiten Runde bei den French Open 1984 nach 5.25 gegen den Briten John Crawley verlor.
In der dritten Runde gegen den Top-10-Spieler Alex de Minaur bekam Altmaier die Auswirkungen von den zwei vorherigen Marathonmatches zu spüren. Im vierten Satz gab der Deutsche wegen muskulärer Probleme auf.
Nach den US Open sprach Daniel Altmaier mit tennis MAGAZIN über seine Grand-Slam-Saison, seine Marathonmatches und seine inzwischen zehnjährige Profikarriere.
Herr Altmaier, mit welchem Gefühl schauen Sie auf die US Open zurück?
Ich schaue sehr positiv auf das Turnier zurück. Nach Wimbledon habe ich mir vorgenommen, viele Turniere auf Hartplatz zu spielen. Die Situation bis zu den US Open war extrem schwierig, weil ich bei den Turnieren zuvor viele knappe Matches verloren habe. Trotzdem habe ich meinen Spirit hochgehalten, um gut bei den US Open zu spielen. Daher war es eine gute und positive Woche für mich.
Zweite Runde in Melbourne, Achtelfinale in Paris, Erste Runde in Wimbledon, Dritte Runde in New York: Wie bewerten Sie Ihre Grand-Slam-Saison?
Meine Grand-Slam-Saison war positiv, bis auf Wimbledon. Ein paar Tage vor Wimbledon habe ich mich etwas verletzt, was mich daran gehindert hat, hundert Prozent zu spielen. Das Ergebnis in Roland Garros kann sich sehen lassen. Bei den US Open stand ich zum ersten Mal in der dritten Runde. Ich habe viele Erfahrungen gemacht für die nächste Grand-Slam-Saison.
Warum läuft es bei Ihnen bei den Grand Slams besser als auf der ATP-Tour? Liegt Ihnen das Best-of-five-Format mehr?
Ich würde nicht sagen, dass es bei den Grand-Slam-Turnieren besser läuft als auf der ATP-Tour. Ich habe auf Sand auf ATP-Level bereits sehr gute Ergebnisse erzielt. Auf Sand fühle ich mich wohl. Bei den Best-of-five-Matches kann ich auf meine Fitness und meine mentale Stärke vertrauen. Bei den Grand Slams habe ich mehr Zeit, in die Matches zu kommen oder auf eine andere Art zu gewinnen. Ich denke, dass ich auch auf der Tour sehr viel Potential habe für Best-of-three-Matches auf Hartplatz. Aber die Grand Slams zu spielen, ist eine Extra-Motivation für mich, weil ich den Traum habe, ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen.
Nach 5:26 Stunden gegen Jannik Sinner bei den French Open 2023 gewonnen, nach 5:04 Stunden gegen Laslo Djere bei den French Open 2024. Nun bei den US Open gegen Hamad Medjedovic nach 4:46 Stunden gewonnen, anschließend nach 4:21 Stunden gegen Stefanos Tsitsipas. Was macht der Reiz dieser Marathonmatches aus?
Ich denke, ich spiele die Marathonmatches so gut, weil ich dann an einen Punkt gelange, wo ich merke, dass es ein echter Battle gegen den anderen ist: physisch, mental und spielerisch. Man muss völlig fokussiert sein. Hier zeige ich meine beste Version. Ich habe das Gefühl, wenn ich am Limit bin, dass ich doch noch mal Extrareserven habe und noch einen Tick fokussierter bin. Dementsprechend habe ich schon viele solcher Matches gewonnen, was mir viel Erfahrung gegeben hat. Auf längere Sicht, um weit bei einem Grand-Slam-Turnier zu kommen, sind diese langen Matches kontraproduktiv. Daher muss ich dazulernen in meinem Spiel und es so adaptieren, dass ich Matches schneller gewinne.
Sie laufen im deutschen Herrentennis etwas unter dem Radar im Vergleich zu Alexander Zverev und Jan-Lennard Struff. Wie bewerten Sie das?
Im deutschen Tennis hat man oft das Gefühl, dass, wenn man nicht zur Elite gehört, dass man sich den Respekt erst arbeitet, wenn man große Titel gewonnen hat oder in der Weltrangliste zur Spitze gehört. Ich bin die Nummer 49 der Welt. Ich weiß, was ich dafür an Arbeit reinstecke. Meine Zeit wird kommen und damit auch der Support von den Fans. Man spürt zudem, dass Tennis im Breitensport nicht so populär ist im Vergleich zu der Zeit, als ich als Jugendlicher auf Turnieren war, um Spieler wie Tommy Haas, Nicolas Kiefer oder Philipp Kohlschreiber zu sehen. Ich habe bei Turnieren in Hamburg oder beim World Team Cup in Düsseldorf als Fan und junger Spieler einen größeren Hype gespürt, weil wir damals mehr deutsche Spieler in den Top 50 hatten. Das deutsche Tennis vermisst zudem den Davis Cup im alten Format, um uns Spieler zu verfolgen. Wir haben durch das neue Format mit dem Davis-Cup-Team in den letzten Jahren kaum in Deutschland gespielt.
Sie sind inzwischen schon zehn Jahre Profi. Was sind für Sie die größten Erkenntnisse aus dieser Zeit?
Ich konnte es mir damals finanziell nicht leisten, die Juniorenturniere zu spielen. Ich bin schon immer einen anderen Weg gegangen als viele andere Spieler, daher war ich häufig außen vor und bin unter dem Radar meinen Weg gegangen. Ich bin direkt ins Profitennis eingestiegen und habe alle Phasen des Tennissports durchlebt: Future-Turniere, Challenger-Tour, dann die ATP-Tour und Grand Slams, bis in die Top 50, um mich dort zu stabilisieren. Jetzt geht es daran, die letzten Schritte zu machen. In den letzten zehn Jahren habe ich diese Prozesse als Tennisprofi hart durchlebt, vor allem finanziell, in dem ich mein Team aufgebaut habe, mit dem ich in Argentinien eine andere Tenniskultur kennengelernt habe. Das hat mich als Spieler extrem reifen lassen und dadurch habe ich außerhalb des Platzes viele Erfahrungen gesammelt.
Sie sind seit Anfang des Jahres verlobt. Wann findet die Hochzeit statt?
Anfang Dezember gibt es die Hochzeit. Das wird das größte Highlight in diesem Jahr. Es ist ein extrem wichtiger Schritt in meinem Leben, sowohl als Person als auch als Spieler.