2019 French Open – Day Seven

PARIS, FRANCE - JUNE 01: Jan-Lennard Struff of Germany celebrates victory during his mens singles third round match against Borna Coric of Croatia during Day seven of the 2019 French Open at Roland Garros on June 01, 2019 in Paris, France. (Photo by Clive Mason/Getty Images)

Jan-Lennard Struff: Nie mehr introvertiert

Obwohl auch Alexander Zverev mit Kampfgeist in fünf Sätzen in das Achtelfinale der French Open 2019 einzog, gehörte am Samstag ein großer Teil der Aufmerksamkeit Jan-Lennard Struff. Der 29-Jährige rang Borna Coric mit 11:9 im Entscheidungssatz nieder und wirkte dabei emotional wie nie.

Fünfter Satz. 6:7. Borna Coric, immerhin die Nummer 13 der Setzliste, hat Jan-Lennard Struff gerade vorentscheidend gebreakt. Der Kroate muss jetzt nur noch ausservieren, um das Achtelfinalduell mit Novak Djokovic zu reservieren.

Doch mit dem Rücken zur Wand packt Struff das wohl bestes Returnspiel in seiner Karriere aus und breakt den 22-Jährigen –zu null. Mit einer krachenden Vorhand zwingt er seinen Kontrahenten zu einem Fehler. Struff nimmt den Schläger unmittelbar in die linke Hand, spannt seinen rechten Bizeps an und blickt in Richtung seines Coaches, Carsten Arriens.

Sekunden vergehen. Der 1.96 Meter große Hüne steht starr da. Das mehrheitlich deutsche Publikum erhebt sich – es folgen „Struffi, Struffi“-Sprechchöre. Doch das langt der Nummer 45 der Welt nicht. Er verlässt seine Pose und animiert mit beiden Armen das Publikum. Die Fans nehmen solche Momente bekanntlich dankend an. Die Stimmung auf Außencourt 14 eskaliert.

Es ist der Moment dieses Drittrundenduells – und vielleicht des gesamten Samstags – zwischen der neuen deutschen Nummer zwei und dem aufstrebenden Kroaten, den Struff am Samstag letztlich für sich nutzen kann und sechs Spiele später und nach insgesamt 4:22 Stunden den größten Erfolg seiner Karriere verbucht. Ein Erfolg, der ihn zu bisher unbekannter Aufmerksamkeit verholfen hat.

Es schien, als war sich Struff trotz der Hitze, trotz des Abnutzungskampfes, zu jeder Zeit bewusst, welche Möglichkeit sich ihm da am Samstag bot. Die aus seiner Sicht einzig annehmbare Option: zugreifen.

„Das täuschte ein bisschen. Ich war mir auf keinen Fall sicher, dass es reicht“, erklärte der Warsteiner knapp zwei Stunden später im Pressekonferenzsaal zwei und lächelte. „Daran geglaubt, habe ich. Aber sicher war ich mir nicht mehr.“ Da saß er  nun mit leicht rötlicher Nase und müden Augen. Dieses Match hatte Spuren hinterlassen.

Struff: „Wichtig, das Publikum mitzunehmen“

„Die Konzentration lässt natürlich irgendwann im fünften Satz nach, aber das ist völlig in Ordnung. Ich habe mir immer eingeredet, dass ich kleine Schritte machen und tippeln soll“, sagte er unaufgeregt. Er habe sich einreden wollen, dass er noch über Kraft verfüge. Immer wieder blickte er zu seinem Coach. Und immer wieder animierte er das Publikum. „Die Zuschauer waren auf meiner Seite und es war wichtig, sie alle mitzunehmen. An dieser Stelle ein ganz großes Dankeschön an die deutschen Fans, es hat mir an der ein oder anderen Stelle geholfen.“

Diese Entwicklung von Jan-Lennard Struff ist gleich auf mehreren Ebenen beeindruckend. Natürlich sportlich, zweifelsfrei. Er hat einer aus seiner Sicht herausragenden Sandplatzsaison mit dem Erfolg gestern die Krone aufgesetzt. Noch im Februar war er sich beim tennis MAGAZIN-Portraittermin sicher, dass sich die harte Arbeit mit Arriens und Fitnesstrainer Uwe Liedtke, dem er bereits seit 2010 vertraut, irgendwann auszahlt. Damals war er gerade in der Qualifikation für das Turnier in Rotterdam an einem unbekannten Niederländer gescheitert.

Im Februar wurde so manches Vorurteil gegenüber dem Davis Cup-Spieler revidiert: Introvertiert sei der gebürtige Warsteiner. Zu introvertiert für das Profitennis, behaupten einige. Und manchmal fehle der letzte Biss für noch bessere Ergebnisse und eine höhere Weltranglistenplatzierung als 55. (im Februar), sagen andere.

Struff: „Diese Leute sollten mit mir mitreisen“

„Struffi“, wie ihn Spieler, Freunde, Familie und Fans gleichermaßen rufen, wurde damals beim Termin ernst und sagte: „Diese Leute, die das behaupten, die sollten mal mit mir mitreisen, mich beim Training beobachten und danach urteilen.“ Weiter sagte er. „Natürlich gehöre ich eher zur introvertierten Sorte Mensch. Aber Tennis ist mein Leben und ich gebe alles und arbeite hart dafür, meine Ziele zu erreichen. Die anderen Profis unter den ersten 50 können aber auch ein bisschen spielen.“ Als er das sagt, entspannen sich seine Gesichtszüge wieder (lesen Sie HIER das gesamte Potrait).

Wer Struff nun vier Monate später auf den Courts von Paris beobachtet, kann einen eher extrovertierten Spieler beobachten, der sich und die Fans zwischen den Ballwechseln pusht. Bereits vor dem Duell gegen Coric bekannte er: „Wir haben an meiner Ausstrahlung auf dem Court gearbeitet. Dass ich von mir aus mehr Emotionen zeige. Mittlerweile geschieht das aber automatisch und kommt von innen heraus.“

Struff in der New York Times

Mit der größten Karriereleistung stieg auch die Aufmerksamkeit. Die New York Times portraitierte den Rechtshänder kurzerhand und stellte fest, dass Struff erst im Alter von 21 Jahren erstmals versucht habe, sich bei den US Open in das Hauptfeld zu spielen. Das lag auch daran, dass der Deutsche eindeutig der Fraktion sportlicher Spätentwickler angehörte.

In der Juniorenrangliste wurde Struff nie höher als auf Platz 625 geführt. Das ist der mit Abstand schlechteste Wert aller heutigen Achtelfinalisten.  Struff hat hart gearbeitet, ist Realist und weiß diesen Erfolg einzuordnen: „Der Erfolg bedeutet mir alles. Wir arbeiten so hart im Team, um solche Matches zu erreichen. Es fühlt sich gut an, wenn das alles mit Erfolgen belohnt wird.“

Am Montag trifft die deutsche Nummer zwei auf Novak Djokovic, gegen den er 2017 beim ersten Saisonspiel in Doha 5:1 führte, ehe er verlor. „Wenn ich gut serviere und aggressiv spiele, kann ich ihn schon nerven und eine Chance haben. Aber ich muss mich erstmal ausruhen“, bekannte Struff.

Vor der Presserunde am Samstag hatte er schon ein Eisbad genommen und weitere Stufen der Erholung eingeleitet. Alexander Zverev muss er am Sonntag vertrösten. Die Beiden hatten an ihren spielfreien Tagen immer trainiert. „Am Sonntag kann ich ihm leider keinen Gefallen tun. Ich werde nicht spielen, dafür im Gym arbeiten und dort das Optimale für meinen Körper herausholen. Damit ich Montag fit bin.“

 

 

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