Alexander Zverev (GER)Tennis – French Open 2025 – Paris – Grand Slam / ATP / WTA / ITF –  Roland Garros  – France – 2025

Muss nun alles reinlegen: In der zweiten Woche von Roland Garros warten große Aufgaben auf Alexander Zverev. Bild: IMAGO / Hasenkopf

Zverev gegen Griekspoor: „Spielt gegen mich sein höchstes Level“

Alexander Zverev trifft in seinem achten Achtelfinale von Roland Garros auf Tallon Griekspoor. Danach warten die echten Schwergewichte der Tour auf den Vorjahresfinalisten.

Es gibt im Stade Roland Garros einige Plätze, die für akkreditierte Journalisten reserviert sind und von denen all jene, die nicht im klimatisierten Medien-Center arbeiten müssen, oft fantastische Blicke auf das Spielgeschehen haben. Die Pressetribüne des Court Suzanne Lenglen erreicht man etwa nur, wenn man den verschnörkelten Gängen in den Katakomben des Stadions folgt, wobei man aufpassen muss, nicht falsch abzubiegen. Unter Umständen landet man dann im Spieler-Restaurant und wird von freundlichen französischen Sicherheitsleuten gleich wieder herausgebeten: „Kein Zutritt, Monsieur!“

Wer den richtigen Weg findet, wird mit Sitzen belohnt, die nur wenige Reihen vom Rand des zweitgrößten Courts der Anlage entfernt sind. Weil eine der Spieler-Boxen unmittelbar vor der Medientribüne liegt, erlebt man nicht nur die Ballwechsel auf dem Platz aus nächster Nähe. Auch die manchmal hitzigen Konversationen zwischen Coach und Profi bekommen Reporter mit. Die Pressesitze bieten also in jeder Hinsicht einen Mehrwert. Sogar das Wifi-Signal ist hier stabil.

Zverev aus der Vogelperspektive

Außergewöhnlicher ist nur noch ein Spot, an dem sich Journalisten aufhalten dürfen. Um ihn zu erreichen, sind entweder eine Menge Treppenstufen zu überwinden oder man nimmt den Fahrstuhl. Dieses Mal geht es nämlich hoch: in den sechsten Stock des Court Philippe Chatrier. Der Hauptplatz im Stade Roland Garros ist seit seinem Umbau 2019/2020 ein topmodernes Sportstadion. Und ganz oben gibt es nun die „Bar Panoramique“, von der man nicht nur fast senkrecht auf den Center Court blicken, sondern auch herrliche Ausblicke auf die komplette Tennisanlage im 16. Pariser Arrondissement genießen kann.

Von hier aus verschiebt sich auch der Blick auf ein Tennismatch. In der Vogelperspektive wirkt eine Partie zwar weniger dynamisch, aber dafür erschließen sich dem Beobachter die Geometrie der einzelnen Spielzüge. Wie gedachte Linien erscheinen dann eine Vorhand-Longline oder eine Rückhand-Cross, weil man vom sechsten Stock aus den kompletten Court überblickt. Auch Schlagpräzision und Schlaglänge lassen sich von hier oben besser einschätzen. Ein Perspektivwechsel hilft erwiesenermaßen, um althergebrachte Muster in einem neuen Licht zu sehen.

Als nun Alexander Zverev sein erstes Match bei diesem Turnier auf dem Chatrier gegen den Italiener Flavio Cobolli absolvierte, bot sich ein Blick aus der Vogelperspektive mal an – nach all den Zverev-Partien, die man schon auf herkömmlichen Weg gesehen hatte. Die Parallelen zum Schachspiel, die im Tennis so gerne gezogen werden, wurden vom sechsten Stock aus offensichtlich. Zverev legte sich mit kontrollierten und langen Schlägen seinen Gegner wunderbar zurecht, bis dieser entweder zu kurz wurde oder gleich den Fehler machte.

Zverev mit einem „fast perfekten“ Satz

6:2, 7:6, 6:1 gewann der Deutsche. Er sprach im Anschluss von einem „fast perfekten“ ersten Satz. Zum achten Mal steht Zverev nun im Achtelfinale von Roland Garros. Nur einmal scheiterte er bisher in dieser Runde: 2020 gegen Jannik Sinner.

Mindestens genauso beachtenswert ist eine weitere Statistik: Zverev gewann gegen Cobolli den 24. Tiebreak in Roland Garros. Gleichzeitig verlor er in Paris in seiner kompletten Karriere erst zwei Sätze im Tiebreak: 2019 gegen John Millman (1. Runde, Zverev gewann am Ende in fünf Sätzen) und 2022 in der folgenschweren Abbruchpartie gegen Rafael Nadal, bei der er sich so schlimm an den Knöchelbändern verletzte. Eine 24:2-Tiebreak-Bilanz, erspielt in zehn Jahren Roland Garros, ist ein Brett.

Und sie untermauert letztlich das, was eh offensichtlich ist: Roland Garros ist das Major-Turnier, bei dem Zverev am erfolgreichsten gespielt hat und bei dem er sich selbst die größten Chancen auf den so lang ersehnten ersten Grand Slam-Titel zuschreibt. Als ihn ein Reporter nach dem Cobolli-Sieg auf seine vor Paris eher durchwachsene Sandplatzsaison ansprach, reagierte er leicht patzig: „Ich bin jetzt in Paris, das ist etwas komplett anderes. Die letzten Wochen interessieren keinen mehr!“ Dann stellte er klar: „Ich bin glücklich über meinen Start hier. Ich habe hier sehr schöne und sehr bittere Momente erlebt. Das Happy End fehlt noch.“

Zverev nun gegen Dauergegner Griekspoor

Damit es 2025 ein „Happy End“ gibt, muss sich Zverev in der zweiten Turnierwoche allerdings auf wesentlich stärkere Gegner als bisher gefasst machen. „Wenn du die zweite Woche bei einem Grand Slam erreichst, beginnt ein neues Turnier“, lautet eine alte Binsenweisheit, die insbesondere Boris Becker gerne mantraartig zum Besten gibt. Im Fall von Zverev trifft sie aber vollkommen zu.

Im Achtelfinale bekommt er es mit einem alten Bekannten zu tun: Tallon Griekspoor. „Er ist der Gegner, gegen den ich in den vergangenen beiden Jahren am häufigsten gespielt habe“, merkte Zverev an. Um genau zu sein: In den letzten 18 Monaten gab es sechs Partien zwischen den beiden, insgesamt schon neun (7:2 für Zverev). 2025 gewann einmal Griekspoor (in Indian Wells) und einmal Zverev (in München). 2024 gab es in der dritten Runde der French Open ein dramatisches Match zwischen ihnen: Griekspoor führte mit 4:1 und Doppelbreak im fünften Satz, aber Zverev kämpfte sich noch in den Matchtiebreak, den er 10:3 gewann.

„Er ist ein sehr guter Tennisspieler. Und gegen mich spielt er oft auf seinem höchsten Level“, warnt Zverev. So unbequem der Niederländer auch sein mag: Die Aufgaben danach dürften schwieriger werden. Im Viertelfinale wird Zverev voraussichtlich auf Novak Djokovic treffen. Klar, der Altmeister wirkt 2025 längst nicht mehr so unbesiegbar wie zu seinen besten Zeiten. Aber feststeht auch: Wenn Djokovic in seinen Grand Slam-Rhythmus findet, dann ist er für jeden Gegner gefährlich.

Als mögliche Halbfinalgegner kommen vor allem Jack Draper und Jannik Sinner in Betracht. Wobei sich insbesondere Sinner in Paris bislang in angsteinflößender Form präsentiert. In Runde drei war er gegen Jiri Lehecka auf „Triple Bagel“-Kurs: Dem Tschechen gelang erst beim Spielstand von 0:6, 0:5 sein erster Spielgewinn. Sinner gewann am Ende 6:0, 6:1, 6:2. „Carlos Alcaraz wird in der unteren Hälfte sicherlich ins Finale kommen“, vermutet Zverev. „Sein Draw ist nicht so herausfordernd. Seine größten Konkurrenten sind alle in der oberen Hälfte.“

Die heiße Phase des Turniers verspricht also eine Menge Spannung – egal, von welchem Sitz aus man die Matches verfolgen wird.