Otte musste sich einer Knie-OP unterziehen

Will noch einmal angreifen: Oscar OtteBild: AFP/GETTY IMAGES NORTH AMERICA/SID/CLIVE BRUNSKILL

Oscar Otte: „Brauche dieses Glanz & Gloria nicht“

Im Advantage Podcast spricht Oscar Otte über seine hartnäckigen Knieprobleme, seine Pläne nach dem Karriereende und den Umgang mit der gestiegenen Aufmerksamkeit um seine Person 2022.

Es ist gar nicht so lange her, da stand Oscar Otte noch an der Spitze des deutschen Herrentennis. Drei Halbfinals, in München, Stuttgart und Halle katapultierten ihn im Sommer 2022 unter die 50 besten Spieler der Welt. Es ging hoch bis auf Platz 36. Aufgrund der schweren Bänder-Verletzung von Alexander Zverev, die er sich im Roland Garros-Halbfinale gegen Rafael Nadal zugezogen hatte, stand der Kölner damals plötzlich bei vielen Turnieren als bestplatzierter Deutscher im Rampenlicht. Eigentlich so gar nicht sein Fall, wie der 30-jährige nun im Advantage-Podcast von Journalist Jannik Schneider und Profi Daniel Masur offenbart.

Oscar Otte: „Ich möchte noch ein paar Jahre auf dem Kessel haben“

Aktuell steckt Otte wohl in der kniffligsten Phase seiner Karriere. Die Knieverletzung, die er sich letztes Jahr in Wimbledon zuzog, plagt ihn noch immer. Die damit verbundene Operation war bereits der zweite größere Eingriff am Knie nach einer Arthroskopie am Innenmeniskus im Jahr 2022. Wenige Turnierteilnahmen gepaart mit eher schwachen Ergebnissen warfen ihn bis auf Platz 390 in der Weltrangliste zurück, wo er aktuell steht. Zuletzt nahm er nur vereinzelt an Challenger- und Future-Turnieren teil.

Eigentlich wollte er demnächst wieder langfristig matchfähig sein, doch erneute Schmerzen im Knie lassen das Comeback wieder weiter nach hinten rücken. „Die erste Jahreshälfte kann man streichen und alles, was jetzt danach kommt, kann eigentlich nur noch besser werden“, sagt der Kölner. Aktuell probiere er sehr viel aus, mit neuem Fitnesstrainer sowie verschiedenen Analysen zu Bewegung, Ernährung oder auch Mikronährstoffen.

Über ein mögliches Karriereende hat Otte zwar bereits nachgedacht, er möchte aber dennoch alles versuchen, um noch einmal zurückzukommen: „Ich probiere fit zu werden, so dass ich noch einige Jahre auf dem Kessel habe.“ Auf welchem Niveau ist ihm dabei laut eigener Aussage egal: „Klar ist es schöner, vor ein paar Tausend Leuten anzutreten. Aber ich habe auch kein Problem damit Futures zu spielen.“ Ein nicht unwahrscheinliches Szenario, sollte er seine Punkte für die zweite Runde in Wimbledon letztes Jahr nicht verteidigen können. Schafft er das nicht, droht ihm ein noch weiterer Absturz in der Weltrangliste bis in die 500er- und 600er-Region. Dann sind die ITF-Futures fast die einzige Option. Für Challenger-Turniere müsste er sich zunächst wieder hocharbeiten oder auf Wildcards hoffen.

Oscar Otte: 2022 die gefühlte Nummer 1 in Deutschland

Nochmal zurück ins Jahr 2022. Es ist eine Zeit, auf die Otte gerne zurückblickt, auch wenn es zum Teil sehr stressig für ihn war. Weil Top-Spieler Alexander Zverev verletzt ausfiel, war Otte die gefühlte die Nummer 1 in Deutschland „Zwischen Stuttgart, Halle und Wimbledon hat sich einfach alles überschlagen. Da hatte ich gefühlt nicht einen einzigen freien Tag. Du gehst von Match zu Match und hast zwischendurch noch etliche Interviews und andere Pressetermine“, sagt Otte über diese turbulente Phase. Eigentlich nicht die richtige Welt für den Kölner. Ihm ist die Zeit zuhause mit der Familie, das Runterkommen und das halbwegs normale Leben enorm wichtig. Deshalb genießt er aktuell die Zeit mit seiner Frau, Tochter und seinen Hunden umso mehr.

„Klar ist es schön, wenn ich gutes Tennis spiele, aber diesen Ruhm und dieses Glanz und Gloria brauche ich nicht. Ich werde am Ende des Tages gleich bleiben und die Familie ist das Wichtigste“, ordnet der Kölner seine Prioritäten ein. Darum beneidet er auch seinen Landsmann Zverev nicht, auf dessen Schultern der Druck und ein Großteil der medialen Aufmerksamkeit als deutsche Nummer eins schon seit Jahren lastet. Alltägliche Dinge, wie mit Freunden rausgehen und dabei nicht auf jedes Wort achten zu müssen, was man von sich gibt, möchte der 30-jährige nicht missen.

Oscar Otte im Zeitstress zwischen Halle und Wimbledon 2022

Als ein Beispiel für den Stress in seiner bisher erfolgreichsten Zeit nennt er die Woche zwischen Halle und Wimbledon. Nachdem er am Samstag das Halbfinale gegen Daniil Medvedev verloren hatte, war er eigentlich schon auf dem Weg nach Hause, als ihn sein Trainer anrief.

Das ZDF wollte ihn gerne als Experten für das Finale engagieren. Initial noch abgelehnt, sagte er dann nach kurzer Überdenkzeit doch zu, um die Chance auf dieser Bühne zu nutzen. „Also was da aufgefahren wird vom Fernsehen für solche Events ist einfach irre, kann man sich echt nicht vorstellen. Das war auch nochmal ne ganz andere Welt“, staunt Otte rückblickend.

Montag war er dann einen Tag zuhause, bevor es am Dienstag zur Pressekonferenz für das Turnier am Hamburger Rothenbaum ging. Am nächsten Tag stand dann die Reise nach Wimbledon an, wo die Vorbereitung auf den Rasenklassiker begann. „Ich ziehe auch einen großen Hut vor den Spielern, die ganz oben stehen und das jeden Tag erleben. Klar, die haben Agenten und Managements, die ihnen Arbeit abnehmen, aber es zieht trotzdem einfach unheimlich viel Energie. Da muss man für sich herausfinden, wie man damit klarkommt.“

Oscar Ottes Pläne nach der Profikarriere

Auch für den Fall, dass das Comeback nicht den nötigen Erfolg bringt, hat sich Otte schon ein paar Gedanken gemacht. Am liebsten würde er im Tennis bleiben denn: „Tennis ist mein Leben und das wird es auch immer bleiben.“ Dahingehend würde ihn sowohl ein Engagement im Leistungs- als auch im Breitensport reizen. Über etwas Konkretes hat er sich allerdings noch keine Gedanken gemacht.

Auch einen Plan B gäbe es schon. Ein Studium oder eine Ausbildung schließt Otte allerdings aus. Lieber würde er eine Hundetagesstätte oder ein eigenes Café eröffnen. Eine Antwort, die man mit Sicherheit nur von den wenigsten Spielern bekommt. Auch zum Thema Geld gibt Otte interessante Einblicke. Bezogen auf sein Karriereende will er sich vorher nicht unnötig quälen, nur um nochmal den ein oder anderen Batzen Geld zu verdienen. In seinen Augen steht der Verdienst von Sportlern ohnehin in keinem Verhältnis zu vielen anderen Jobs: „Es gibt so viele Berufe, die einfach komplett unterbezahlt sind. Das ist einfach lächerlich. Wir retten keine Leben, sind keine Pflegekräfte oder sonst was. Ich meine, was soll dieses Riesengeld-verdienen als Sportler?“