May 27, 2024, Paris, Paris, France: Rafael Nadal (ESP) lead the court during the tennis Grand Slamt of Roland Garros 202

Au revoir, Paris: Nadal verabschiedet sich vom Court Philippe Chatrier, nachdem er in drei Sätzen Alexander Zverev unterlegen war.Bild: Imago/Loic Baratoux

Post aus Paris: Gänsehaut bei Nadal & Zverev – aber nicht ganz 2022

Die Erstrunden-Partie bei den French Open zwischen Alexander Zverev und Rafael Nadal war schon seit einigen Tagen in aller Munde. In der Tenniswelt gab es kaum andere Gesprächsthemen. tennis MAGAZIN war bei dem „besonderen Match“ im Stadion und lässt es nochmal Revue passieren.

Überhaupt einen Platz auf der Pressetribüne zu finden, war schwer. Wir waren Gott sei Dank schon ein Match zuvor bei Swiatek vs. Leoli Jeanjean da. Auf einmal wurde der ganze Bereich geräumt, um zu checken, dass auch alle auf diesen Plätzen berechtigt sind, hier zu sitzen. Das Stadion war bis auf den letzten Platz besetzt. Trommler und Trompeten-Spieler sorgten für Extra-Lärm. Als Rafael Nadal auf dem Stadion-Bildschirm auftauchte und man ihn im Spielertunnel bei seinem gewöhnlichen Warm-Up erkannte, ging ein Raunen und schallender Applaus durch die Zuschauerränge. Die Stimmung war geladen, die Vorfreude und zeitgleich Nervosität auf das Match bei jedem einzelnen zu spüren. Als Nadal dann den Platz betrat wurde es noch mal lauter. Alle Tennisfans klatschten, jubelten und riefen seinen Namen – Gänsehaut-Stimmung pur. Auch Alexander Zverev wurde mit einem Applaus willkommen geheißen – wenn auch deutlich verhaltener.

Zverev vs. Nadal – finalwürdig?

Als sich die Spieler wenige Minuten später einspielten, las der Stadionsprecher wie gewöhnlich die Karriereerfolge beider Profis vor. Ebenfalls im Standard-Programm die lange Liste von Nadals Triumphen in Paris, 14 waren es insgesamt. Mit jeder Jahreszahl, die der Sprecher nannte, wurde der Applaus und das Jubeln lauter. Dass hier eigentlich gleich ein Erstrunden-Match stattfinden würde, glaubte man nicht. Denn die Atmosphäre und das Match-Up waren absolut finalwürdig.

Alexander Zverev

Top in Form: Alexander Zverev präsentierte sich größtenteils dominant und selbstsicher.Bild: Imago/Susan Mullane

Weniger spektakulär waren dagegen die anfänglichen Ballwechsel der beiden Akteure – bitte nicht falsch verstehen. Das soll keinesfalls heißen, dass Zverev oder Nadal schlecht spielten. Verglichen aber mit dem Halbfinal-Match 2022 in Paris, lagen Welten zwischen den Schlagabtauschen. Von vorneherein war Alexander Zverev nicht nur der dominantere Spieler, sondern auch der beweglichere. Nach 50 Minuten entschied der 27-Jährige den ersten Satz mit 6:3 für sich.

Unter den wachsamen Augen von Swiatek, Djokovic & Alcaraz

Im zweiten Satz aber kippte die Stimmung. War das Publikum zuvor schon laut und energetisch, war es nach einer Stunde Spielzeit hellwach. Auch Nadal schien nun Feuer gefangen zu haben. Bei 1:2 haderte der Spanier noch bei seinem Aufschlagspiel, brachte es aber nach einigen Breakmöglichkeiten durch. Wie viel es ihm bedeutete, weiterhin auf Gleichschritt mit Zverev zu sein, zelebrierte er mit seinem typischen Jubelsprung und einer geballten Faust. Das Publikum tobte. Wenige Minuten später knüpfte er dem Deutschen dann noch sein Aufschlagspiel ab und spätestens jetzt war klar: So leicht würde Zverev nicht in die zweite Runde einziehen. Denn Nadal war bereit mit allen Kräften zu kämpfen. ABER: Zverev ebenso.

 

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Auch wenn Zverev nicht nur gegen Nadal, sondern auch gegen das Publikum spielte, blieb der sonst so geladene Deutsche ruhig. Hin und wieder hob er lediglich zaghaft die Faust in Richtung seiner Box. Was man aber dazu sagen muss: Die Tennisfans auf dem Court Philippe Chatrier waren keinesfalls unfair Zverev gegenüber. Sie unterstützen einfach nur ihren Paris-Helden Nadal und versuchten, ihn durch die Partie zu tragen. Die besondere Stimmung wollten sich auch verschiedene Profis nicht entgehen lassen: Novak Djokovic, Carlos Alcaraz, Iga Swiatek sowie Stan Wawrinka, Tatjana Maria und ihre Tochter Charlotte verfolgten die Neuauflage des Halbfinals von 2022.

 

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Zverev: „Heute ist nicht mein Moment, sondern Rafas“

Und obwohl Zverev seinem Kontrahenten die Bühne gönnte, wollte er es ihm so schwer wie möglich machen. Das Break im zweiten Durchgang knüpfte er ihm wieder ab, als Nadal zum Satz aufschlug. Anschließend forderte er Nadal im Tiebreak. Je länger das Match lief, desto intensiver wurden auch die Ballwechsel. Zum Ende des Tiebreaks merkte man dann aber, dass Nadal sein Bestes tat, um die Ballwechsel kürzer zu halten. Zverev hingegen blieb weiterhin frisch und unbeirrt. Nach knapp zwei Stunden führte der Deutsche schließlich mit 6:3, 7:6(5).

Während man auf der Pressetribüne schon munkelte, dass der dritte Satz nun ein schnelles Ende finden könnte, überzeugte Nadal vom Gegenteil. Gleich das erste Aufschlagspiel knüpfte er Zverev ab und ging mit 2:0 in Führung. Schnell folgte dann aber das Rebreak des Deutschen. Von da an zogen sich die Ballwechsel in unendliche Länge. Zwei Stunden und 45 Minuten waren gespielt und es stand gerade mal 3:2 (für Nadal) im dritten Satz. Dann hatte Zverev aber genug. Schließlich hat er seinen ersten Grand Slam-Titel im Blick und wollte Kräfte für die nächsten Runden sparen. Nadal wirkte müder, kraftloser und fehleranfälliger. Nach drei Stunden und vier Minuten servierte Nadal dann gegen sein Ausscheiden. 3:5, 15:40 stand es, als Nadal eine Vorhand hinter Zverevs Grundlinie setzte. Das Spiel war beendet.

French Open, Nadal, Zverev

Würdiger Abschluss zwischen Nadal und Zverev: Der Deutsche gibt später zu, dass er nicht recht wusste, wie er sich verhalten soll.Bild: Imago/Patrick Steiner

Schließlich trafen sich die Spieler am Netz und alle 15.000 im Stadion standen auf. Zverev verzichtete auf seinen üblichen Siegesjubel und beteuerte im Anschluss auch: „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Danke an Rafa von der ganzen Tenniswelt. Es ist eine Ehre. Schon als Kind habe ich ihn spielen sehen und durfte hier auf dem Court zweimal gegen ihn antreten. Aber heute ist nicht mein Moment, sondern Rafas.“

Nadal: Die Olympischen Spiele im Blick

Dann lauschte und applaudierte Zverev Nadal, der völlig überwältigt schien: „Es fällt mir schwer zu beschreiben, was in mir vorgeht.“ Erstmal würdigte er Zverev: „Ich weiß, dass du 2022 ein schwieriges Jahr hattest, deshalb verdienst du die Anerkennung umso mehr. Herzlichen Glückwunsch und weiterhin alles Gute!“

Dann sprach der Spanier über das vergangene Jahr: „Ich habe alles gegeben, um nach den harten letzten Monaten hier in Paris zu stehen. Wie es in Zukunft weitergeht, kann ich nicht sagen. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass ich zum letzten Mal hier war. Aber das ist nicht zu 100 Prozent sicher. Vielleicht weiß ich in zwei Monaten, dass es genug ist. Aber noch nicht jetzt. Ich will auf diesem Court noch einmal bei den Olympischen Spielen spielen.“

Später kam Nadal noch zur Steppvisite ins Pressezentrum. Natürlich gab er trotz verlorener Partie noch eine kurze Konferenz. „Ich habe heute gegen einen der besten Spieler der Welt gespielt. Er hat super gespielt und trotzdem hatte ich meine Chancen“, sagte Nadal optimistisch. Er fühle sich bereits deutlich besser als in den vergangenen Wochen, beteuerte er. „Falls ich heute das letzte Mal hier gespielt habe, dann bin ich absolut im Frieden mit mir selbst“, fügte der 37-Jährige lächelnd an.

 

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Nadal: Fragezeichen hinter der Rasensaison

Das nächste Ziel für den Spanier sind also die Olympischen Spiele ab Ende Juli in Paris. Vorab findet aber erstmal der Wechsel auf Rasen mit den Turnieren in Stuttgart, Halle, London und Eastbourne statt, bevor es nach Wimbledon geht. Ob Nadal hier spielen wird, weiß er noch nicht. „Ich glaube nicht, dass es jetzt Sinn macht meinen Körper auf einen anderen Belag einzustellen und dann wieder auf Sand zu wechseln. Aber das werden wir jetzt mit dem Team analysieren.“ So beendete er den englischsprachigen Teil der Pressekonferenz. Wann sein nächster Auftritt auf der Tour sein wird, bleibt also abzuwarten, spätestens erneut in Roland Garros zu Olympia.

Zverev: „Wusste nicht, wie ich mich verhalten soll“

Für Alexander Zverev hingegen geht es in Paris jetzt weiter. Die erste Auftakthürde, die in vor allem emotional gefordert hat, hat er gemeistert. „Das war definitiv ein besonderes Match – sowohl von der Atmosphäre als auch vom Anlass her. Ehrlicherweise wusste ich manchmal nicht, wie ich mich verhalten soll – vor allem nicht am Ende der Partie“, gab der Hamburger zu. „Rafa hat im Vergleich zu den letzten Turnieren unglaublich gespielt. Trotzdem kann ich mich auch selber loben und sagen, dass ich gut gespielt habe.“ Als nächstes bekommt Zverev es nun mit David Goffin oder dem Franzosen Giovanni Mpetshi Perricard zu tun, der vergangenen Woche das Vorbereitungsturnier in Lyon gewonnen hatte.

Wie dem auch sei: Das Erstrunden-Match zwischen Zverev und Nadal war vielleicht nicht ganz die Neuauflage des Halbfinals von 2022. Aber egal in welcher Form man diese Begegnung mitverfolgt hat – sie war einzigartig – für Spieler, Zuschauer, Fans und alle Beteiligten.