US-Open-Viertelfinale: Können Sinner und Alcaraz gestoppt werden?
Die Achtelfinals der US Open sind gespielt. Nachdem sich die Deutschen mittlerweile alle aus dem Turnier verabschiedeten, setzten sich im Achtelfinale die Favoriten meist problemlos durch und uns erwarten ein paar echte Hochkaräter in den kommenden zwei Tagen.
Carlos Alcaraz vs. Jiří Lehečka
Den Auftakt der Viertelfinalmatches machen Carlos Alcaraz und Jiří Lehečka. Nach seinem Sieg im Achtelfinale gegen den Franzosen Arthur Rinderknech hinterlässt der Spanier einen noch stärkeren Eindruck, als er ihn eh schon hatte. 36 Winner bei nur 11 Unforced Errors sprechen für sich. Gerade einmal zwei Stunden hat der Spanier für seinen Einzug ins Viertelfinale gebraucht. Damit steht der US-Open-Gewinner aus 2022 bereits in seinem 13. Grand-Slam Viertelfinale seiner Karriere, und das mit seinen erst 23 Jahren. Das schafften in der Open Era bisher nur Björn Borg und Boris Becker vor ihm.
Dazu steht der 22-Jährige jetzt bei 58 Matcherfolgen in 2025. Zum Vergleich: 2024, ein Jahr, in dem er die French Open, Wimbledon und Indian Wells gewann, waren es 55 Siege im gesamten Jahr.
Eine der sechs Niederlagen aus dieser Saison, wurde ihm jedoch von seinem heutigen Gegner Lehečka zugeteilt. In Doha Anfang des Jahres konnte sich der Tscheche in drei Sätzen mit 6:3, 3:6, 6:4 durchsetzen. Nach einem Sieg von Alcaraz in Queens während der Rasensaison steht es im Head-to-Head der beiden 2:1 für den zweifachen Wimbledon-Champion.
Doch Lehečka geht mit viel Selbstvertrauen in das kommende Duell. Durch seinen Achtelfinalsieg springt der 23-Jährige erstmals in die besten 20 der Weltrangliste. Ein Meilenstein, den sich der Jungbunzblauer als festes Ziel für dieses Jahr gesetzt hatte. Nun steht er zum zweiten Mal in seiner Karriere in einem Grand-Slam-Viertelfinale, nachdem er 2023 in Melbourne Tsitsipas in der Runde der letzten acht unterlag.
Novak Djokovic vs. Taylor Fritz
In der Nightsession-Partie treffen am Dienstagabend Grand-Slam-Rekordsieger Novak Djokovic und Homefavorite Taylor Fritz aufeinander. In einer Wiederauflage des Viertelfinals bei den US Open 2023, als der Serbe mit 6:1, 6:4, 6:4 gewann, wird Fritz eine weitere Gelegenheit bekommen, den 38-Jährigen erstmals zu schlagen. Das Head-to-head der beiden könnte nicht deutlicher sein. 10:0 steht es im direkten Vergleich für Djokovic. Die größte Chance, die der gebürtige Kalifornier bisher auf einen Erfolg hatte, war vor vier Jahren bei den Australian Open 2021, als er den späteren Turniersieger in der dritten Runde zu fünf Sätzen zwang und sich erst nach drei Stunden und 25 Minuten Spielzeit geschlagen geben musste.
Der 27-Jährige schlug damals 24 Asse. Eine ähnliche Anzahl davon wird er auch beim kommenden Duell gegen den besten Returnspieler aller Zeiten benötigen. Doch die Vorzeichen stehen gut. In seiner Achtelfinalbegegnung gegen den Tschechen Tomáš Macháč, die er glatt in drei Sätzen mit 6:4, 6:3, 6:3 gewann, waren es 14 Asse und nicht ein einziger zugelassener Breakball. Auch über das ganze Jahr gesehen serviert der Vorjahresfinalist sehr souverän – 90 Prozent gewonnene Aufschlagspiele auf Hartplatz.
Auf der anderen Seite steht der viermalige Champion in Flushing Meadows. Mit Jan-Lennard Struff nahm Djokovic die letzte verbliebene deutsche Hoffnung aus dem Turnier – 6:3, 6:3, 6:2 hieß es am Ende für den Serben aus Belgrad. Auch „Nole“, wie in seine Fans gerne nennen, war im Achtelfinale mehr als überzeugend in seiner Serviceperformance. Kein Doppelfehler und 80 Prozent gewonnene Punkte nach dem ersten Aufschlag. Gegen Fritz wird der aktuelle Weltranglistenfünfte sein 14. Viertelfinale bei den US Open spielen – den Rekord hält Jimmy Connors mit 17 Viertelfinalteilnahmen in New York.
Ein entscheidender Faktor des Matches wird das Publikum sein. Fritz wird das Ziel haben, das Spiel so eng wie möglich zu halten, um das Arthur Ashe Stadium für ihn zum Kochen zu bringen. Doch gegen Djokovic muss man aufpassen. Wie oft haben wir schon erlebt, dass der 24-malige Grand-Slam-Sieger auf einmal sein bestes Tennis spielt, sobald er sich mit dem Publikum anlegt.
Alex de Minaur vs. Félix Auger-Aliassime
Im dritten Viertelfinale treffen am Mittwochabend Alex de Minaur und Félix Auger-Aliassime aufeinander. Für beide Spieler steht viel auf dem Spiel: Während der Australier erstmals in seiner Karriere ein Grand-Slam-Halbfinale erreichen will, hofft Auger-Aliassime auf eine Rückkehr auf diese Bühne, die er zuletzt 2021 in New York betreten hatte.
Der direkte Vergleich spricht mit 2:1 knapp für den Kanadier, der in Flushing Meadows nach einer schwierigen Saison seine Form gefunden hat. Nach eindrucksvollen Siegen über Alexander Zverev und Andrey Rublev reist der 25-Jährige mit neuem Selbstvertrauen an und glänzt bislang vor allem mit einer druckvollen Vorhand und stabilen Aufschlagspielen. De Minaur hingegen hat sein Ticket für die Runde der letzten Acht nahezu makellos gelöst: Der Australier gab bisher nur einen Satz ab und dominierte im Achtelfinale den Schweizer Qualifikanten Leandro Riedi klar in drei Sätzen. Die Spielzeit betrug lediglich eine Stunde und 33 Minuten.
Das Duell verspricht außerdem einen spannenden Stilkontrast. Auger-Aliassime wird versuchen, das Spiel mit aggressivem Grundliniendruck zu diktieren, während de Minaur auf seine überragende Beweglichkeit und defensive Stärke setzt, um den Kanadier zu Fehlern zu zwingen.
Trotzdem muss der 26-Jährige insbesondere an seiner Aufschlagquote deutlich zulegen. Gegen Riedl traf er nur 55 Prozent seiner ersten Aufschläge – eine Zahl, die gegen die Nummer 435 der Welt noch ausreichte, gegen den Kanadier jedoch sicher bestraft werden würde. Denn auch Rublev kam in seiner Niederlage gegen „FAA“ lediglich auf 54 Prozent beim ersten Aufschlag und konnte sich nicht auf seinen zweiten Service verlassen, da der gebürtige Montréaler konstant aggressiv returnierte. Entscheidend für den Ausgang dieser Partie wird daher vor allem die Stabilität von Auger-Aliassimes Vorhand sein.
Jannik Sinner vs. Lorenzo Musetti
Im letzten Viertelfinale des Turniers kommt es in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag zu einem rein italienischen Viertelfinale: Weltranglistenerster und Titelverteidiger Jannik Sinner trifft auf seinen Landsmann Lorenzo Musetti, die Nummer zehn der Welt.
Für Sinner, der in dieser Saison bereits die Australian Open und Wimbledon gewonnen hat, ist es der nächste Schritt auf dem Weg zum dritten Grand-Slam-Titel des Jahres und dem erneuten Triumph in Flushing Meadows. Seine bisherigen Auftritte unterstreichen seinen Status als Favorit: In vier Runden hat der 24-Jährige lediglich einen Satz abgegeben und dominierte im Achtelfinale Alexander Bublik mit 6:1, 6:1, 6:1 beinahe nach Belieben. Außerdem wirkt der Sextner auf Hartplatz nahezu unschlagbar. Auf Grand-Slam-Ebene hat Sinner seine letzten 25 Spiele auf diesem Belag gewonnen.
Musetti hingegen steht erstmals im US-Open-Viertelfinale und hat mit starken Auftritten überrascht. Der 23-Jährige besiegte unter anderem Jaume Munar souverän mit 6:3, 6:0, 6:1 und gewann elf seiner letzten zwölf Sätze. Auch wenn das Head-to-Head mit 2:0 für Sinner spricht, – Musettis einziger „Sieg“ stammt aus einem Walkover – bringt das Duell eine interessante Stilvielfalt: Sinner gilt als der konstanteste Grundlinienspieler der Welt, der mit Präzision und Tempo den Rhythmus diktiert, während Musetti mit Rückhand-Slice, Stoppbällen und Netzangriffen versucht, Gegner aus dem Konzept zu bringen.
Für Musetti wäre ein Sieg der größte Erfolg seiner Karriere und würde ihn zum dritten Mal in ein Grand-Slam-Halbfinale führen, erstmals auf Hartplatz. Für Sinner dagegen ist ein Weiterkommen Pflicht, um seine Ausnahmestellung zu festigen. Dass gleich zwei Italiener im Viertelfinale von New York stehen, ist ein weiteres Zeichen für die goldene Ära des italienischen Tennis – und dieses Duell dürfte in Italien und weit darüber hinaus für Aufmerksamkeit sorgen.