Rafael Nadal: Nicht das Ende, das er sich gewünscht hat
Die Karriere von Rafael Nadal ist vorbei. Bei den Davis Cup-Finals in Malaga kam das Ende aber überraschender, als es viele vorher gedacht hatten.
Er hatte es nicht mehr in der eigenen Hand. Die Fortsetzung seiner fantastischen Karriere hatten Carlos Alcaraz und Marcel Granollers im entscheidenden Doppel gegen die Niederlande zu verantworten. Rafael Nadal blieb nur die Rolle des Antreibers und Motivators, der von der Team-Loge aus immer wieder das spanische Duo anfeuerte.
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Rafael Nadal: Auch seine Tipps halfen nicht
Doch an diesem Abend im südspanischen Malaga half alles nichts mehr – die Tipps von Nadal nicht und auch die Unterstützung der 9.500 Fans nicht. Die niederländische Kombination Wesley Koolhof und Botic van de Zandschulp blieb in den wichtigen Momenten einer großartigen Doppelpartie cool. Vor allem Doppelspezialist Koolhof, der sich wie Nadal nach dem Davis Cup in den Ruhestand verabschiedet, lieferte nach eigener Aussage „eine der besten Partien meiner Karriere“ ab. Die Niederländer gewannen 7:6, 7:6 und damit insgesamt 2:1 gegen Spanien. Für Koolhof geht es im Halbfinale am Freitag weiter, für Nadal ist nun das Ende da.
Dass es dann doch so schnell kommen würde, überraschte indes alle. Natürlich war klar, dass sich Nadal weit entfernt von seiner Bestform präsentieren würde, aber als spanisches Team sollte es doch reichen gegen die Niederländer, die keinen wirklichen Top-Mann in ihren Reihen haben – zumindest nicht im Einzel.
A dream start in Malaga for @Boticvdz and @KNLTB 🇳🇱#DavisCup pic.twitter.com/yDI59NXZpn
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Doch Botic van de Zandschulp, die Nummer 80 der Welt, hatte schon bei den US Open gezeigt, dass er zu unerwarteten Leistungssprüngen fähig ist, als er gegen Carlos Alcaraz gewann. In seinem Match gegen Rafael Nadal reichte eine durchschnittliche Leistung. Schnell wurde klar, dass Nadal rein spielerisch und läuferisch weit unterlegen war. Seine Versuche, die Ballwechsel etwa durch Serve-and-Volley-Attacken zu verkürzen, konnte man als Verzweiflungsaktionen interpretieren. Schließlich spielte er die emotionale Karte, feuerte sich vielleicht etwas übertrieben an und zog das Publikum mehr ins Match.
Rafael Nadal witterte plötzlich noch seine Chance
Tatsächlich gab es in der Endphase der Partie eine Phase, wo das Match hätte kippen können, weil van de Zandschulp bei einer 6:4, 4:1-Führung mit Doppelbreak etwas nachlässig wurde. Und Nadal, der Kämpfer vor dem Herrn, witterte plötzlich seine Chance. Doch van de Zandschulp fing sich wieder und gewann 6:4, 6:4. Weil danach Alcaraz 7:6, 6:3 gegen Tallon Griekspoor gewann, musste das Doppel die Entscheidung bringen. Nadal hatte zwischendurch bereits anklingen lassen, dass dies sein „letztes professionelles Einzel-Match“ gewesen sei. Aber es blieb ja noch die Hoffnung, dass er im weiteren Verlauf der Davis Cup-Finals im Doppel auflaufen könnte.
29-2: Rafa’s Davis Cup singles record is legendary 😮💨#DavisCup #nadal #rafaelnadal #graciasrafa @RafaelNadal pic.twitter.com/vtFbEH0PqS
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Für die Statistikfans ergab sich durch den vorzeitigen Einzelverzicht eine spannende Zahlen-Konstellation: Nadal hat nun sein allererstes Davis Cup-Einzel gegen Jiri Novak im Februar 2004 und sein allerletztes Davis Cup-Einzel gegen Botic van de Zandschulp im November 2024 verloren – dazwischen siegte er 29-mal hintereinander, Wahnsinn.
Aber war Nadals Einzeleinsatz in Malaga wirklich gerechtfertigt? Glaubt man Spaniens Teamchef David Ferrer, dann hatte sich Nadal allein durch seine Trainingsleistungen während der letzten Tage einen Startplatz erspielt und den Vorzug gegenüber Roberto Bautista-Agut erhalten. „Rafa hat sich im Laufe der Trainingstage immer weiter gesteigert. Es war eine enge Entscheidung zwischen ihm und Roberto und ich habe schließlich entschieden, dass Rafa spielt“, sagte Ferrer. Im Nachhinein wäre es vielleicht sinnvoller gewesen, Bautista-Agut im Einzel spielen zu lassen und Nadal im Doppel zu bringen. Aber solche Gedankenexperimente brachten schließlich auch nichts.
Rafael Nadal will als „guter Mensch“ in Erinnerung bleiben
Um kurz nach Mitternacht herrschte Gewissheit: Spanien war ausgeschieden und Nadal würde in Malaga nicht noch einmal auf dem Platz stehen. Eine seltsame Stimmung erfasste daraufhin die Arena, denn nun musste die Abschiedszeremonie für Nadal vorgezogen und mitten in der Nacht durchgezogen werden. So richtig darauf vorbereitet schien niemand: die Fans nicht, die Organisatoren nicht und Nadal selbst auch nicht. Wirklich emotional angefasst wirkten nur Teile der Nadal-Familie und Carlos Moya, Nadals langjähriger Begleiter als Coach, Mentor und Freund. Über die Leinwände flimmerte ein Abschiedsvideo mit einigen Größen aus dem Weltsport, inklusive Serena Williams, Roger Federer und Novak Djokovic. Aber auch das verfing nicht so richtig.
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Federer hatte am Dienstagmorgen noch einen sehr persönlichen Abschiedsbrief an Nadal in den sozialen Medien gepostet, aber in der Halle erschien er nicht. Auch Novak Djokovic fehlte, obwohl er seinen Besuch angekündigt hatte. Vermutlich hatte auch er nicht damit gerechnet, dass das Karriereende Nadals so früh eintreten würde.
Nadal selbst sprach größtenteils auf Spanisch zu seinen Landsleuten in der Halle. Am Ende allerdings antwortete er auf die Frage, wie er denn in Erinnerung bei den Menschen bleiben möchte, auf Englisch: „Meine Titel sprechen für sich. Ich möchte gerne als guter Mensch aus einem kleinen Dorf auf Mallorca in Erinnerung bleiben. Viele Menschen arbeiten hart. Ich bin einer der wenigen, die das Glück hatten, ein unglaubliches Leben mit dem Tennis verbringen zu dürfen.“ Danach winkte er noch einmal zum Publikum und verschwand in den Katakomben.
Niederlage in Zukunft nur eine Randnotiz
Ob er sich sein Karriereende so vorgestellt hat? Vermutlich nicht. 2024 hatte sportlich gesehen viele Enttäuschungen für ihn parat. In Roland Garros, dem Ort seiner größten Erfolge (14 Titel!), verlor er in Runde eins klar gegen Alexander Zverev. Bei den Olympischen Spielen, die ebenfalls auf der Anlage von Roland Garros stattfanden, holte er keine Medaille. Gegen Novak Djokovic war er im Einzel chancenlos, im Doppel mit Carlos Alcaraz verlor er im Viertelfinale. Es folgte ein Auftritt beim umstrittenen „Six Kings Slam“ in Saudi-Arabien. Dort ist Nadal offizieller Tennis-Botschafter – eine Rolle, die ihm in Spanien auch viel Kritik einbrachte. In Riad verlor er gegen Alcaraz und Djokovic.
Was von all dem übrig bleibt? Vermutlich nicht viel. Zu überragend ist die Karriere von Rafael Nadal, zu groß sein Einfluss auf die Sportwelt und darüber hinaus. Das ist sein wahres Vermächtnis. Dass er nun sein allerletztes Match gegen Botic van de Zandschulp im Davis Cup-Viertelfinale 2024 verloren hat, wird in Zukunft nur eine Randnotiz sein.