Vorbereitungsturniere: Wimbledon und der Fluch der Rasen-Champions
Sechs Champions bei den Rasenturnieren vor Wimbledon, darunter Tatjana Maria, Jessica Pegula und Alexander Bublik, sind in London bereits in der ersten Runde ausgeschieden.
Quizfrage: Wissen Sie, wann Novak Djokovic das letzte Mal ein Rasenturnier außerhalb von Wimbledon gespielt hat? Es war im Jahr 2018, als er im Londoner Queen’s Club das Finale erreichte. Anschließend gewann er in Wimbledon den Titel. Bei seinen anderen sechs Triumphen auf dem „heiligen Rasen“ spielte der „Djoker“ zuvor kein Turnier auf Rasen. Djokovic braucht nicht zwingend viel Spielpraxis, um in Wimbledon seine Leistung zu zeigen.
Vielleicht ist sich der Serbe aber auch des Titelfluchs bei den Rasenturnieren vor Wimbledon bewusst und verzichtet deshalb auf Starts in Halle, Queen’s, Stuttgart oder Eastbourne. Es ist schon auffällig, wie häufig Titelträger bei Rasenturnieren anschließend in Wimbledon früh und überraschend scheitern.
Titelfluch von Halle: Alexander Bublik das nächste Opfer
Hier trifft es in erster Linie die Champions beim ATP-Turnier in Halle. Man spricht seit Jahren vom unheimlichen Fluch, der auf den Turniersiegern in Halle lastet. Dieser fand auch dieses Jahr in Wimbledon seine Fortsetzung.
Seit 2011 sind (fast) alle Champions in Halle, die nicht Roger Federer oder Jannik Sinner heißen, beim anschließenden Wimbledonturnier in der ersten Runde ausgeschieden. 2011: Philipp Kohlschreiber, 2012: Tommy Haas, 2016: Florian Mayer, 2018: Borna Coric, 2021: Ugo Humbert, 2022: Hubert Hurkacz. Und nun 2025: Alexander Bublik.
Der Kasache ereilte der Titelfluch von Halle mit zwei Jahren Verspätung. 2023 erreichte Bublik nach dem Turniersieg in Halle immerhin das Achtelfinale. Dieses Jahr schien er in der Form seines Lebens zu sein. Gegen Jaume Munar servierte er im vierten Satz bereits zum Matchgewinn. Auf Rasen fast schon Formsache für den aufschlagstarken Bublik. Es kam, wie es für einen Halle-Champion fast schon kommen musste. Er verlor sein Aufschlagspiel, anschließend den Tiebreak nach Führung mit Mini-Break und brach im fünften Satz ein.
Roger Federer durchbricht den Titelfluch von Halle
Es ist schon absurd, wie der Titelfluch in Halle seit mehr als 30 Jahren seine Kreise in Wimbledon zieht. Bis zum Jahr 2002 erreichten nur drei Halle-Sieger in Wimbledon die zweite Woche. Von 1994 bis 1996 scheiterten die Halle-Sieger direkt im Anschluss in Wimbledon in der ersten Runde.
1995 erwischte es mit Marc Rosset und Michael Stich sogar die beiden Finalisten (so wie in diesem Jahr mit Alexander Bublik und Daniil Medvedev). Auch für Yevgeny Kafelnikov, Halle-Sieger von 1998, war kurz darauf in Wimbledon in der ersten Runde Schluss. Nicolas Kiefer (1999) und Thomas Johansson (2001) schieden in der zweiten Runde aus.
Roger Federer durchbrach 2003 den Fluch, in dem er nach Halle auch in Wimbledon triumphierte. Der Schweizer wiederholte dieses Double drei weitere Male. Federer war gegen den Halle-Turniersieg-Fluch immun. Fast alle anderen Sieger sind es offensichtlich nicht. Wer auch immer nächstes Jahr das ATP-Turnier in Halle gewinnen wird: Man könnte direkt im Anschluss eine Wette auf das Ausscheiden in der ersten Runde in Wimbledon platzieren. Dies scheint jedenfalls eine todsichere Wette zu sein.
In diesem Jahr schlug der Titelfluch auch bei den anderen Rasenturnieren vor Wimbledon zu – bei Damen und Herren. Zwölf Rasenevents auf der ATP- und WTA-Tour gibt es vor dem großen Höhepunkt in Wimbledon: Stuttgart, ’s-Hertogenbosch, Halle, Queen’s, Eastbourne und Mallorca bei den Herren. Queen’s, ’s-Hertogenbosch, Berlin, Nottingham, Bad Homburg und Eastbourne bei den Damen.
Wimbledon: Sechs von elf Rasen-Champions scheitern in der ersten Runde
Sechs der elf Spieler, die hier den Titel gewannen, schieden in Wimbledon in der ersten Runde aus. Neben Bublik (Halle) waren dies Jessica Pegula (Bad Homburg), Tatjana Maria (Queen’s), McCartney Kessler (Nottingham), Maya Joint (Eastbourne) und Tallon Griekspoor (Mallorca).
Beinahe wäre noch Taylor Fritz hinzugekommen – Titelträger in Stuttgart und Eastbourne. Der US-Amerikaner war gegen den aufschlaggewaltigen Giovanni Mpetshi Perricard aus Frankreich schon so gut wie draußen beim Stand von 1:5 im Tiebreak des vierten Satzes. Fritz entkam mit größter Mühe dem Titelfluch der Rasenturniere vor Wimbledon.
Doch woran liegt es, dass zahlreiche Rasenchampions größte Schwierigkeiten haben, wenn sie im Anschluss in Wimbledon spielen? Zum einen hat Wimbledon, das hat die Vergangenheit immer wieder gezeigt, seine eigenen Gesetze. Alles, was davor passiert ist, zählt nicht mehr auf dem „heiligen Rasen“.
Jessica Pegula: „Sie sind alle anders, weil Rasen ein lebendiger Belag ist”
Gibt es auf Sand- und Hartplätzen keine riesengroßen Unterschiede, sieht es auf Rasen deutlich anders aus. Dies bestätigt Jessica Pegula, die sich nach dem Turniersieg in Bad Homburg Hoffnungen auf einen starken Lauf in Wimbledon machen durfte. „Die Plätze fühlen sich definitiv anders an. Sie fühlen sich auch ganz anders an als die Trainingsplätze im Aorangi Park. Ich meine, das ist Rasen. Sie sind alle irgendwie anders, weil es ein lebendiger Belag ist. Sie werden sich nie alle gleich anfühlen“, sagte Pegula.
Hinzukommt, dass sich ein frischer Rasen völlig anders spielt als der Rasen in einem Endspiel. „Es ist so schwer auf dem Rasen. Man will Wiederholungen haben. Die Rasensaison ist immer knifflig mit dem Zeitplan, was man spielen will. Manchmal brauche ich eine Weile, um mich daran zu gewöhnen. Man kann steif und wund werden. Der Körperschwerpunkt ist viel niedriger. Es ist ein Untergrund, auf dem man sich anderes bewegt“, schildert Pegula.
Tatjana Maria: „Zumindest bin ich Queen of Queen’s”
Tatjana Maria fehlten bei 4:2-Führung im Tiebreak des zweiten Satzes gegen die US-Amerikanerin Katy Volynets nur drei Punkte zum Einzug in die zweite Runde. „Auch wenn es nur ein paar Punkte bis zum Ziel sind, es kann sich immer schnell drehen, vor allem auf Rasen. Zumindest bin ich Queen of Queen’s“, sagte Maria mit einem gequälten Lachen nach der herben Enttäuschung in Wimbledon.
„Jeder Rasen spielt sich anders. Bei vielen Plätzen in Wimbledon bleibt der Ball sehr flach. Der Ballabsprung ist teilweise sehr langsam und stoppt teilweise“, sagt Jan-Lennard Struff über die Unterschiede bei den Rasenplätzen.
„Ich sollte einfach keine Turniere spielen, keine Siege einfahren und dann in Wimbledon antreten, vielleicht habe ich dann bessere Ergebnisse“, sagte Pegula mit einem Lächeln über den Titelfluch der Rasenturniere.