(240524) — PARIS, May 24, 2024 — Rafael Nadal of Spain returns the ball during a training session at Roland Garros, Pa

Training in Ruhe: Rafael Nadal trainierte am Freitag auf dem Court Philippe Chatrier.Bild: Imago/Meng Dingo

Post aus Paris: Die Ruhe vor dem Sturm

Am Sonntag, den 26. Mai, starten die Hauptfeld-Matches der Damen und Herren bei den French Open. Aber schon wenige Tage vor dem offiziellen Turnierstart ist das Tennisfieber in Paris ausgebrochen. tennis MAGAZIN ist vor Ort in Paris und berichtet sowohl von der Qualifikation als auch vom Medientag. Im Fokus: Rafael Nadal sowie die deutschen Überraschungs-Qualifikanten.

Beim Betreten des Stade Roland Garros, der Anlage, auf der die French Open ausgetragen werden, würde man Freitag nicht vermuten, dass das Turnier eigentlich noch gar nicht richtig angefangen hat. Der Geräuschpegel setzt sich zusammen aus Live-Musikern die mit Trompete und Saxofon die Tennisfans unterhalten und aus wildem Geplauder von tausenden Zuschauern, die sich auf und zwischen den Courts rumtreiben oder an den verschiedensten Ständen und Attraktionen vorbeischlendern. Neben dem üblichen Ploppen von Tennisbällen hört man gelegentlich die Durchsagen der Stuhlschiedsrichter wie „quinze-á –  fifteen-all“, also 15 beide zu deutsch. Und wenn dann aus dem Nichts ein Schwarm von kreischenden Menschen mit gezückten Smartphones in eine Richtung rennt, kann man schon vermuten: Sie haben Rafael Nadal entdeckt.

French Open: Hauptattraktion Rafael Nadal

Auch wenn der 14-fache French Open-Champion schon lange nicht mehr in den Top-Ten steht und bei den letzten Turnieren noch weit entfernt von überragenden Leistungen war – in Paris bleibt er die Hauptattraktion. Als er am Freitagmorgen gegen 11:30 Uhr auf Court drei trainierte, musste man entweder pures Glück gehabt haben, einen Platz auf den Zuschauerrängen zu ergattern oder man konnte hinter verschlossenen Türen nur vermuten, was sich gerade im Training abspielte. Denn nur wenige Sekunden nachdem der Spanier samt seiner Trainer-Entourage zu dem Nebenplatz gelaufen war, standen die Tennisfans Schlange, in der Hoffnung nur einen Blick auf den Paris-Rekordsieger werfen zu können.

 

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Nadal hingegen wirkte entspannt. Eine Stunde trainierte er auf dem öffentlich zugänglichen Court, bevor er sich auf den Centre Court, auf dem er Geschichte geschrieben hatte, den Philippe Chatrier, zurückzog. Dieser war am Freitagmittag vorerst für die Tennisfans Tabu, ein Stadion also, das normalerweise bis zu 15.000 Tennisfans aufnehmen kann, ganz für Nadal und Trainingspartner Mariano Navone allein.

Henri Squire: Mit Ruhe und über 200 km/h ins Hauptfeld

Und während Nadal sich schon fleißig auf seine bevorstehende Erstrunden-Partie gegen den Weltranglisten-Vierten Alexander Zverev vorbereitete, bestritten zwei deutsche Profis ihre Finalpartien in der Qualifikation: Henri Squire und Eva Lys.

Der 23-jährige Squire vom Niederrhein spielte gegen den Italiener Andrea Vavassori auf Court 13 – einem der hintersten Plätze im Stade Roland Garros. Und trotz der großen Distanz zu Court 3, auf dem Nadal eben noch trainierte, waren die Ränge voll besetzt. Wie sehr beide Profis darum kämpften, einen Platz im Hauptfeld zu ergattern, verstanden auch die Tennisfans. Ihre Anfeuerungsrufe verschwammen zwischen „Auf geht’s Henri“ und „Forza Andrea“. Mit Aufschlägen von über 200 Kilometern pro Stunde sowie Unmengen von Slice- und Stoppbällen schaffte es der Deutsche immer wieder, seinen Gegner zur Weißglut zu bringen. Dann ließ der 29-jährige Italiener seinem Ärgernis freien Lauf und brüllte in Richtung seiner Box.

Squire: Erstes Major, erstes Hauptfeld

Squire hingegen blieb ruhig. Immer mal wieder feuerte er sich an oder hob die Faust in Richtung seines Teams. Mit 6:3 ging der 23-Jährige in Führung. Aber selbst als Vavassori seine Emotionen im zweiten Satz besser unter Kontrolle hatte und diesen mit 6:3 für sich entschied, blieb Squire bei sich. Erst als er im dritten Durchgang mit einem Break zurücklag und dieses wieder aufholen konnte, schrie er mit geballten Fäusten in Richtung seiner Coaches. Als er dann seinen dritten Matchball verwandelte, sank Squire jubelnd und schreiend auf die Knie.

 

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Wohl verdient, denn für Squire, aktuell Nummer 211 im ATP-Ranking, war es die erste Teilnahme bei einem Grand Slam-Turnier überhaupt. Eigentlich hatte er den Cut für die Quali nicht geschafft. Aber nachdem Jiri Lehecka im Hauptfeld abgesagt und Maximilian Marterer nachgerückt war, wurde ein weiterer Platz in der Vorrunde frei. Nun trifft er in seiner ersten Major-Hauptfeld-Partie auf Max Purcell aus Australien.

French Open: Premiere für Eva Lys

Fast zeitgleich passierte Ähnliches auf Court 6, wo Eva Lys gegen Anastasia Zakharova um den Einzug ins Hauptfeld spielte. Völlig souverän und ohne Zweifel an einem Sieg zu lassen, ging die Hamburgerin mit 6:3 und 4:1 in Führung. Plötzlich geriet sie ins Straucheln und musste tatsächlich noch Satz Nummer zwei im Tiebreak abgegeben. Für Lys, die bislang noch nie über die Qualifikation der French Open herausgekommen war, gab es aber keinen Grund aufzugeben. Ganz im Gegenteil: Sie schlug nochmal richtig zu. Nach zwei Stunden und 30 Minuten verwandelte sie dann ihren zweiten Matchball, ließ sich auf den Rücken fallen und genoss für ein paar Sekunden den Moment. Im Anschluss gab es reichlich Knuddeleinheiten von ihren Eltern sowie DTB-Trainerin Jasmine Wöhr, die sie während der Partie unterstützt hatten. Wie viel ihr dieser Sieg bedeutet, teilte sie gleich darauf auf Instagram und Twitter mit.

 

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Und während am Freitag die letzten Quali-Matches ihr Ende fanden, stellten sich die Top-Stars der ATP- und WTA-Tour neben ihren Trainingseinheiten noch den Fragen der Journalisten. Unter dem Court Philippe Chatrier, wo das Pressezentrum liegt, fanden sich unter anderem Jannik Sinner und Alexander Zverev ein.

Jannik Sinner: Über zwei Wochen ohne Tennis

Nach seinem Sieg bei den Australian Open und anhaltend guten Ergebnissen auf der ATP-Tour seit dem Winter 2023, galt Jannik Sinner noch als einer der größten Angstgegner auf der Tour. Jetzt ist sein letztes Tour-Match allerdings fast einen Monat her. Es datiert auf den 30. April, als der 22-Jährige im Achtelfinale von Madrid noch Karen Khachanov in drei Sätzen bezwungen hatte. Die darauffolgende Viertelfinal-Partie gegen Felix Auger-Aliassime sagte Sinner wegen Hüftproblemen ab. Damit folgte auch die Absage für das Masters-Turnier in Rom.

Für Sinner bedeutete die Absage gleichzeitig eine Zwangspause. Denn in dem Pressetermin berichtet er, dass über zwei Wochen kein Tennis gespielt habe. „Als ich vor drei Tagen hier angekommen bin, habe ich zum ersten Mal wieder Punkte gespielt“, gibt Sinner zu. Immerhin: Seine Hüfte scheint nach einigen ärztlichen Checks und den vergangenen Trainingseinheiten in Ordnung zu sein: „Um meine Hüfte mache ich mir keine Sorgen mehr, sonst wäre ich nicht hier“, so Sinner. „Meine physische Verfassung ist aktuell nicht perfekt. Diesmal war meine Vorbereitung einfach eine andere. Aber ich hoffe, dass ich mit meinem Erstrunden-Match auch wieder etwas Rhythmus finde.“

Erster Gegner von Sinner ist der US-Amerikaner Christopher Eubanks, 28 Jahre alt und aktuell Nummer 43 im ATP-Ranking. „Er ist ein guter Aufschläger. Wir müssen abwarten, was kommt“, versuchte Sinner die Situation einzuschätzen. Ein Schmunzeln konnte er sich dann noch abgewinnen: „Ich hoffe einfach, dass ich dieses Jahr länger hierbleiben kann als letztes Jahr.“  Im vergangenen Jahr war Sinner in der zweiten Runde an Daniel Altmaier in fünf Sätzen gescheitert.

 

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Zverev: „Wollte unbedingt gegen Rafa spielen“

Einer der wenigen Top-5-Spieler der ATP, der aktuell nicht mit irgendwelchen Beschwerden zu kämpfen hat, ist Alexander Zverev. In Paris reiste er als Rom-Sieger an und erfuhr dann nach einer Trainingseinheit mit Kumpel Andrey Rublev von seinem Bruder Mischa, auf wen er in der ersten Runde treffen würde. „Ich dachte erst, er macht einen Spaß“, erzählt die deutsche Nummer eins. „Ehrlicherweise wollte ich unbedingt wieder gegen Rafa spielen, weil ich nicht wollte, dass meine letzte Erinnerung gegen ihn zu spielen, die ist, als ich mit dem Rollstuhl den Platz verlassen habe.“ Lieber wäre es Zverev gewesen, erst im Halbfinale auf den Spanier zu treffen. „Das ist eine harte Auslosung für uns beide“, analysierte Zverev.

French Open: Zverev ohne Zweifel an Nadal

Darüber, wie er am Montag gegen Nadal auf den Platz gehen würde, hatte sich Zverev bereits Gedanken gemacht. „Ich erwarte, dass ich gegen den Prime-Rafa Nadal spielen werde. Ich gehe davon aus, dass er sein absolut bestes Tennis zeigen wird.“ Die Zweifel an Nadals aktueller Formkurve räumt Zverev schnell aus dem Weg: „Auch 2022 kam er nach Paris, ohne in Monte-Carlo, Madrid oder Rom gewonnen zu haben. Jeder hat in ihm ein großes Fragezeichen gesehen. Aber er kam und dominierte das ganze Turnier.“

Und genauso wie alle Tennisfans, die Nadal unbedingt siegen sehen wollen, freut sich auch Zverev auf sein Erstrunden-Match. „Jeder freut sich auf einen harten Kampf und eine toughe erste Runde. Ich glaube, er ist aufgeregt und ich bin es auch.“

Bis es dann so weit ist, wird es im Stade Roland Garros am Samstag kurzzeitig etwas ruhiger. Denn nach der Qualifikation steht ein Tag Spielpause auf dem Programm – genug Zeit also, sich auf die ersten Hauptfeld-Matches am Sonntag vorzubereiten.